2023

Das für den Deutschen Sachbuchpreis 2022 nominierte Buch „Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert” wurde soeben ins Französische übersetzt. Anlässlich der Veröffentlichung mit dem Titel „La réinvention de la frontière au XXIe siècle” organisiert das Goethe-Institut Paris am 15. Juni ein Rundtischgespräch mit dem Autor Steffen Mau. Zum Gespräch mit dem deutschen Soziologen eingeladen sind S. Grimm-Hamen (Universität Lothringen) und Christian Wille (Uni Luxemburg).

Die Cultural Border Studies sind aus der Verschneidung des cultural turns in den Border Studies mit dem border turn in den Cultural Studies entstanden. Sie beschäftigen sich mit sozialen und symbolischen Dimensionen von Grenzen auf alltagskultureller und künstlerisch-ästhetischer Ebene. Inwiefern das aufstrebende Wissenschaftsfeld als Teilgebiet der Border Studies bereits institutionell gefestigt ist, zeigt der systematisierende Überblick.

Über 250 Grenzforscher:innen aus aller Welt trafen sich vom 13.-18. Februar 2023 in Eilat (Israel) zur dritten Weltkonferenz der Association for Borderlands Studies (ABS). Darunter auch sechs Grenzforscher:innen der Arbeitsgruppe “Bordertextures”. Sie diskutierten in einem eigenen Panel mit dem internationalen Publikum, wie das Konzept “Bordertextures” in der kulturwissenschaftlichen Grenzforschung angewendet werden kann.

Die Grenzforschung beschäftigt sich vor allem mit Ereignissen der Gegenwart, historische Betrachtungen bilden noch die Ausnahme. Die Tagung „Frontières et sociétés frontalières au sein de l’espace franco-luxembourgeois du XVe siècle à nos jours” am 23. und 24. März will dieses Desiderat bearbeiten. Am Beispiel der luxemburgisch-französischen Grenze werden diachrone Perspektiven entwickelt und ihre Übertragbarkeit auf andere Grenzräume diskutiert. C. Wille füht mit dem Vortrag „Qu’est-ce qu’une frontière ? L’approche de (de)frontiérisation dans les Border Studies” in die Veranstaltung ein.

Der Band „Pandemisches Virus – nationales Handeln“ reflektiert drei Jahre nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Grenzschließungen in Europa. Die Autor:innen zeigen aus kultur-, raum- und rechtswissenschaftlicher Perspektive, wie die Grenzschließungen erlebt wurden und wie sie sich auf die europäische Idee auswirken. Im Gespräch mit C. Wille erklären die drei Herausgeber, wie der Band entstand und was sie dabei gelernt haben.

Die europäische Grenzraumforschung ist spätestens seit der Covid-19-Pandemie mit Phänomenen konfrontiert, mit denen sie sich bisher kaum auseinandergesetzt hat. Wie sie sich aber für die neuen Fragestellungen in Zeiten der Vergrenzungen aufstellen kann, skizziert C. Wille in seinem jüngsten Beitrag. Er schlägt eine Erweiterung der Forschungsagenda um alltagskulturelle Fragen und ein Überdenken des verwendeten Grenzbegriffs vor.

Grenzen stehen wieder verstärkt im Zentrum gesellschaftlicher Debatten. Ihr Wiedererstarken manifestiert sich allerdings in einer paradoxen Weise: Während Grenzmauern errichtet und Grenzanlagen ausgebaut werden, finden Regulations- und Kontrollpraktiken zunehmend transterritorial und unsichtbar statt. Diese Entwicklungen verweisen auf die Notwendigkeit, den Grenzbegriff zu überdenken. Dafür werden ausgewählte Zugänge überblicksartig vorgestellt.